Das Haus der Architektur konzipiert für 2004/2005 eine Veranstaltungsreihe zum Thema „Ort“ – also jener Dimension der Planungsarbeit, die in typologischer, funktionaler, formaler, materialmäßiger und gesellschaftlicher Hinsicht auf lokal gegebene Bedingungen mit dem Ziel reagiert, die nachhaltige Entwicklung humaner bis komfortabler Lebensbedingungen einer überblickbaren und selbstbestimmten Region (sei es eine urbane Agglomeration oder ein ländlicher Bezirk) möglichst unabhängig von globalen Einflüssen architektonisch zu fördern. Diese Zielsetzung ist derzeit eines der zentralen Themen der aktuellen internationalen Architekturdebatte und sollte daher auch einige Aufmerksamkeit für das in Zusammenarbeit mit Dr. Matthias Boeckl (Chefredakteur „architektur.aktuell“) entwickelte Programm generieren. Grundlagen Eine der vielfältigen Auswirkungen der Globalisierungsdebatte ist die Suche nach „best practices“ zur Erhaltung regionaler Selbstbestimmung – vor allem auch in der Kultur, die wesentlich vom Baubetrieb einer Region mitformuliert wird und sie ausdrückt. Dieses Streben nach Autonomie hat in den erfolgreichen Beispielen – sei es die intakte Kultur bestimmter ländlicher Regionen Europas oder eine funktionierende Großstadtkultur, beziehungsweise (oppositionelle) Teilkulturen, die zur Sanierung des Ganzen angetreten sind – nichts mit traditionalistischer Abschottung und Innovationsskepsis zu tun, sondern bezieht im Gegenteil ihre Instrumente gerade aus dem internationalen Erfahrungsaustausch. Die Globalisierung stellt so gesehen auch die Werkzeuge zur Abfederung ihrer eigenen Defizite zur Verfügung. Und das ist seit Anbeginn der Moderne so. Schon die nationalromantischen Strömungen der Zeit um 1900 versuchten, länderübergreifende Allianzen zu schmieden – jedoch unter dem Emblem nationalistischen Eigensinns, eine Haltung, die – so viel kann man heute sagen – wenig zur Entstehung längerfristig funktionierender regionaler, selbstbestimmter, aber auch weitgehend autarker Kulturen beigetragen hat. Im Gegenteil, gerade jene erfolgreichen städtischen oder ländlichen Regionalkulturen, die wir heute auf dem Gebiet der Architektur bewundern (etwa Vorarlberg, London, Katalonien oder das Tessin), haben ihre Innovationen stets durch die Verbindung einer gewachsenen lokalen Bautradition mit jenen präzise ausgewählten Elementen überregionaler Strömungen entwickelt, die in der eigenen Kultur brauch- und anwendbar waren und erst damit zum sozialen Fortschritt beitragen konnten. Es kommt also auf die kritische Redaktion dessen an, was man aus dem Weltgeschehen auf das lokale überträgt. Und globale Änderungen sind die Summe vieler lokaler Entwicklungen. Zielsetzung In diesem Sinne unternimmt es das Programm, sich kritisch mit einer Reihe erfolgreicher Architekturregionen zu befassen, die heute besondere Aufmerksamkeit der internationalen „architectural community“ genießen. Gesucht werden dabei nicht romantische Rebellen, sondern praktisch bewährte, nachhaltig wirkende Baukulturen, die positive Veränderungen eher am Ort ihrer Intervention als im abstrakten internationalen Theoriediskurs anstreben. Solche funktionierenden „örtlichen“ Architektursysteme können wir gleichermaßen in Städten und Landregionen antreffen, Architekturqualität ist keine Frage des Standorts, sondern von Haltungen und Produktionsbedingungen. Die Veranstaltungsreihe setzt es sich zum Ziel, aus sechs Präsentationen von je einem praktizierenden Architekten und einem begleitenden Theoretiker wertvolle Informationen zu Arbeitstechniken solcher qualitätsorientierter, die Welt als Ausgangspunkt und den Ort als Ziel interpretierender Architektursysteme zu beziehen. In moderierten Diskussionen sollen konkrete Vergleichbarkeiten und nachvollziehbare Techniken vermittelt und damit ein vor allem praktischer Nutzen für Planer geschaffen werden. Nach Ende der Veranstaltungsreihe werden die Ergebnisse im hauseigenen Verlag publiziert.