2003 fokus Punkt 7 g2plus
30 Minuten Architektur aus GrazWeingut Polz / Südsteiermark
DiskussionBeim Weingut Polz handelt es sich um ein ländliches Anwesen, das zwecks Verkostung und Verkauf in angenehmer Atmosphäre „zwischen steirischem Boden und internationalem Anspruch“ neu gestaltet wurde. Grundgedanke der architektonischen Konzeption bildet ein neuer Denkansatz, und zwar der des Bauens als Symbiose mit der Landschaft – im Kontext eines zeitgemäßen Umgangs mit den Ressourcen des Grünlands. Das Hineinnehmen der Topografie des Weingartens in und über das Gebäude (Weinreben auf dem Flachdach und durch das Gebäude durch) sowie die Verschränkung zwischen Gewohntem und Neuem (Flaschenregal als Lichtkörper) prägen die innere und äußere Erscheinungsform des Ensembles.
Um das Ensemble nicht noch mehr zu verbauen, aber trotzdem mehr Platz für Weinverkostung und Verkauf zu schaffen, wurde anstelle des ursprünglichen Kellereigebäudes der Verkaufsbereich gänzlich neu gestaltet. Er wurde selbst zu einem Teil des Weingartens am Grassnitzberg, indem das neue Gebäude zu einem unterirdischen Objekt wurde, auf dem und durch das Weinreben wachsen. Unabdingbar damit verbunden ist diese Konzeption mit dem Freistellen des alten Weinstöckls im Weinberg anstelle des ursprünglichen Satteldaches.
Als räumliches und ordnendes Verbindungselement zwischen dem alten Bauteil und der Servicezone fungiert ein gänzlich verglaster Gebäudeteil, vermittelnd zwischen steiniger Struktur und glattem Material. Bemerkenswert ist die unterschiedliche räumliche Schichtung der Außenfassade: entlang der durchgehenden inneren Glasschicht hebt sich zuerst die hervorstehende raue Steinfassade ab, woran das nach hinten versetzte, mit Weinflaschen gefüllte Glasregal anschließt. Die Glasstruktur setzt sich im anschließenden Wintergarten fort, durch den die Rebpflanzen des Weingartens nach vorne bis vor den Gebäudekomplex gezogen werden. Der Verkaufsraum ist somit Teil des für das Weingut spezifischen Durchwobenseins von Natur und Architektur.
Auch im Inneren des Weinguts sind die Gegensätze deutlich zu spüren: während der helle Empfangs und Verkaufsbereich Offenheit zulässt und Transparenz vermittelt, ist der ruhige Bereich der Weinverkostung durch die Steinfassade eher abgeschirmt und ermöglicht die erwünschte Konzentration der Sommeliers. So entsteht ein Ensemble, das den heutigen Ansprüchen im Sinne der Kunden entspricht und gleichzeitig dem hohen Qualitätsanspruch des international renommierten Weinguts gerecht wird.