HENRIKE NAUMANN – Anschluss '90 (2018)
steirischer herbst 2018
Installation, Ausstellung, ArchitektursommerDie 51. Ausgabe des steirischen herbst – erstmals unter der Leitung von Intendantin Ekaterina Degot – versteht sich unter dem Titel Volksfronten als zukunftsweisende Prolog-Edition. Im Haus der Architektur ist Henrike Naumann mit einer künstlerischen Installation zu Gast.
Ausstellungsdauer: 21.09.-14.10., freier Eintritt mit Festival-Pass
Öffnungszeiten:
21.09. / 22.09., 11-22 Uhr
23.09.-30.09.: So-Do, 14-21 Uhr / Fr-Sa, 14-22 Uhr
01.10.-14.10.: So, Mi, Do, 14-21 Uhr / Fr-Sa, 14-22 Uhr
22.09., 17:30 Uhr: artist talk: Henrike Naumann im Gespräch mit Karl Stocker
Wer hätte gedacht, dass sich die Dinge so schnell ändern würden? 1990 ereignete sich dann aber alles beinahe über Nacht. Aus dem Ruf „Wir sind das Volk“ wurde in einem Ausbruch von Nationalgefühl „Wir sind ein Volk“ – und die deutsche Wiedervereinigung plötzlich Wirklichkeit, so unwahrscheinlich dies auch noch wenige Monate zuvor erschienen sein mag. Mit ihrer neuen Installation für den steirischen herbst treibt die Künstlerin Henrike Naumann eine solche Unwahrscheinlichkeit weiter. Naumann, die im ostdeutschen Zwickau aufgewachsen ist, das als eine der Brutstätten der rechtsextremen Terrororganisation NSU (Nationalsozialistischer Untergrund) gilt, malt sich ein alternatives Geschichtsszenario für die deutsche Wiedervereinigung aus, bei dem die Welle völkischen Zusammengehörigkeitsgefühls auf Österreich überschwappt und das Land sich schlagartig entscheidet, sich seinerseits dem nun wiedervereinten Deutschland anzuschließen. Ein solcher Neu-Anschluss fühlt sich ziemlich anders an als der von 1938 – keine endlosen Militäraufmärsche, sondern die Eröffnung immer neuer Möbelhäuser. Die Wiedervereinigung führt Österreicher und Ostdeutsche gemeinsam ungeahnten Möglichkeiten des Konsums zu! Das Grazer Haus der Architektur verwandelt sich durch Naumanns Installation zu einem Showroom für Möbel aus dem Jahr 1990. Alles ist voll mit Teppichmustern, Tapetenproben und sich türmenden Vorhanglandschaften. Die Besucher*innen werden auf eine bizarre Reise durch die verdrängten ästhetischen Fehltritte und unausgesprochenen Brüche in der deutsch-österreichischen Geschichte mitgenommen; ein Trip, bei dem sich hedonistische Selbstoptimierung und rechtsradikale Politik verflechten und ein wahrhaft bösartiges Verhältnis eingehen.
In Auftrag gegeben und produziert von steirischer herbst
Mit freundlicher Unterstützung von KOW, Berlin
Henrike Naumann (1984, Zwickau, Deutsche Demokratische Republik) ist eine Künstlerin, deren immersive Installationen Videos, Sound und szenografische Räume kombinieren, um die Ursprünge des Aufstiegs der deutschen Rechtsradikalen im Laufe der letzten beiden Jahrzehnte zu erforschen. Sie lebt in Berlin.